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Modern Sound[s] Orchestra spielt in der ersten Liga

„Über zwei Millionen Musiker. Eine Leidenschaft. Die Spitze trifft sich beim Deutschen Orchesterwettbewerb – dem DOW!“ – und das Modern Sound[s] Orchestra (MSO) aus Seelze war dabei!

Aber warum sollte man überhaupt an einem Wettbewerb teilnehmen? Bei Amateurmusikern zeigt er das Niveau im Vergleich zu anderen Orchestern auf. Auch die Begegnung mit anderen aus Leidenschaft Musizierenden und die äußerst intensive Beschäftigung mit den Vortragsstücken sind für den Verein und jeden Einzelnen förderlich und ein wichtiges Ziel. Doch nicht nur die Wettbewerbsstücke standen in den letzten Wochen nahezu ausschließlich auf dem Übungsprogramm des MSO. Zusätzlich hieß es immer wieder: „Band Coaching“. Dieses Heft mit Intonationsübungen nahm bei jeder Probe nicht immer zur allgemeinen Freude einen (gefühlt immer größer werdenden) großen Raum ein, um an der Stimmung und der Tonbildung zu feilen, damit Pflicht und Kür beim DOW nicht durch schlechte Intonation – und genau hier liegt neben Rhythmik und Dynamik die größte Schwierigkeit der Auswahlstücke – getrübt werden.

Nachdem das MSO im Jahr 2012 erstmals am DOW in Hildesheim teilgenommen und sich 2015 durch ein hervorragendes Ergebnis im niedersächsischen Rotenburg für den diesjährigen deutschen Wettbewerb qualifiziert hatte, stellten sich die rund 60 Musikerinnen und Musiker nun erneut den Wertungsrichtern. Nach dem Heimspiel vor vier Jahren nahmen sie dafür eine lange Anreise per Bus in Kauf. Am 1. Mai ging es los und nach rund neunstündiger Busfahrt mit Hindernissen (geplatzter Kühlmittelschlauch) erreichte man schließlich Ulm, den Ausrichtungsort des 9. DOW. Den Abend verbrachten die MSOler in geselliger Runde und kosteten im Hotelrestaurant die ein oder andere schwäbische Spezialität.

Am darauffolgenden Tag wurde es dann ernst. Jetzt würde sich zeigen, ob die wochenlange bandgecoachte Vorbereitung und die gedrückten Daumen des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil, des Regionspräsidenten Hauke Jagau und des Seelzer Bürgermeisters Detlef Schallhorn Früchte trugen. Nach einer letzten Anspielprobe im Probesaal des Heeresmusikkorps Ulm nahmen die Musiker um 15 Uhr ihre Plätze auf der geräumigen Bühne im Edwin-Scharff-Haus ein und nach nochmaligem Einstimmen und der Vorstellung der Jury ging es hochkonzentriert ans Werk. Als Pflichtstück der Kategorie „B1 Blasorchester in Harmoniebesetzung mit mindestens 40 Mitwirkenden“ wählte das Orchester die Suite voor Harmonieorkest von Bob Vos. Nach einem extrem ruhigen Largo verwandelt sich der erste Teil der Suite in ein Allegro, das von vielen kurzen Themen von leicht und verspielt bis breit und getragen geprägt ist. Technisch zwar gut machbar liegt die Schwierigkeit bei diesem Stück in einer sauberen Intonation, einem präzisen Zusammenspiel und besonders in der deutlich und in kurzen Abständen wechselnden Dynamik. Aufgrund dessen und der immer wieder eingestreuten Ritardandi und Accelerandi waren exakte Stabführung und äußerste Aufmerksamkeit geboten, um diese Hürden erfolgreich zu nehmen. Der zweite Teil der Suite ist ein Scherzando mit einem tänzerisch leichten Charakter im 6/8-Takt. Nach dem von schönen, melodischen Linien dominierten, ruhigen und harmonischen dritten Satz und dem energischen Schlusssatz konnten die Musiker einen Augenblick durchatmen. Das Pflichtstück war überstanden, nun folgte die Kür: subTERRA von Daniel Weinberger. In fünf Sätzen, die jedoch nicht als einzelne Sätze erkennbar sind, erzählt der Komponist die Geschichte eines Bergarbeiters, der den Einsturz eines Stollens überlebt. Mysteriöse Klänge, solistische Einwürfe, harmonische Melodien und eingestreute Klangeffekte wurden vom MSO dynamisch differenziert dargeboten und kurz darauf konnte das Orchester die Wettbewerbsbühne auch schon wieder verlassen.

Es folgte das Jurygespräch mit dem Dirigenten Henning Klingemann, dem Vereinsvorsitzenden Tom Kruse und dem Organisator Dirk Rubke. Zunächst zeigte man sich erfreut darüber, dass sich nun ein weiteres Blasorchester aus dem hohen Norden in der musikalischen Bundesliga etabliert hat, in der sonst überwiegend hochkarätige, sehr gut besetzte süddeutsche Vereine anzutreffen sind. Als nächstes wurde anerkennend festgestellt, dass sich der Orchesterklang und die Intonation im Vergleich zum letzten Wettbewerb deutlich verbessert haben. Dabei wurde jedoch auch nicht verschwiegen, dass in der „vertikalen Transparenz“, also der Ausgewogenheit der Register untereinander vom hohen Holz bis zum tiefen Blech, noch „Luft nach oben“ ist. Als sehr schön wurde auch der leichte, beschwingte (O-Ton: „fluffige“) Vortrag gelobt.

Während des Jurygesprächs machten sich die anderen Musiker des MSO zu einer Stadtführung auf. In zwei Gruppen zogen sie bei schönstem Wetter durch die Ulmer Innenstadt. Die beiden sympathischen und sehr kompetenten Stadtführerinnen erzählten viel Wissenswertes über die Stadtgeschichte und den Stolz der Ulmer auf ihre freie Reichststadt, über das Ulmer Münster mit dem höchsten Kirchturm der Welt, über den Einweg-Bootstyp Ulmer Schachtel, über das schiefste Hotel der Welt und einige andere kuriose und sehr interessante Anekdoten.

Nach einer erneuten Kostprobe der schwäbischen Küche stand für das MSO auch schon der nächste Programmpunkt an, denn es wirkte musikalisch an der Orchesternacht im Congress Centrum mit. Kaum dort angekommen ging es auch schon auf die Bühne. Während im Foyer und in benachbarten Sälen feine Streicherklänge zu hören waren, begeisterte das MSO sein Publikum mit Musik von den Jackson Five und Elvis und brachte mit Lord Tullamore irische Klänge nach Ulm – das unterhaltsame Programm war auf Wunsch des Veranstalters bewusst im großen Kontrast zu den meist eher ernsten Wettbewerbsdarbietungen gewählt worden. Die Musiker ließen es sich aber dennoch nicht nehmen, auch noch einmal ihr Kürstück subTERRA aufzuführen, an dem sie trotz der langen und intensiven Probenarbeit nach wie vor große Freude haben. Dass dem Publikum die Darbietung des MSO gefiel, war schnell zu merken: Der Saal füllte sich immer weiter und die Musiker wurden mit langanhaltendem Applaus und Jubelrufen belohnt. Die lautstark geforderte Zugabe konnte das Orchester leider nicht mehr geben, da schon das nächste Ensemble in den Startlöchern für seinen Auftritt stand. Gut gelaunt verließen die MSOler die Bühne und ließen, nachdem sie sich noch einige andere Beiträge bei der Orchesternacht angehört hatten, den Abend bei einem Getränk im Hotel ausklingen.

Am folgenden Tag wurden die Zimmer geräumt und der Vormittag stand zur freien Verfügung. Viele Musiker nutzen ihn, um die 768 Stufen des Ulmer Münster hinaufzusteigen und einmal von oben einen Blick auf die Donaustadt zu werfen. Der spannendste Moment aber war dann natürlich die Ergebnisverkündung auf dem Ulmer Marktplatz. Die niedersächsischen Musiker des MSO konnten im Wettbewerb der besten zehn in Deutschland gut mithalten, was ihnen mit dem Prädikat „mit gutem Erfolg teilgenommen“ (19,4 von 25 Punkten) attestiert wurde. Erwartungsgemäß gingen die Spitzenplätze an die süddeutschen Vereine. „Ihr seid auf dem richtigen Weg“ lauteten die Worte der Preisträgerjury und so ganz in diesem Sinne traten die Musiker dann auch wieder ihren Weg nach Niedersachsen an – jetzt glücklicherweise ohne technische Probleme. Fazit: Das „Band Coaching“ wird also auch auf den folgenden Proben wieder häufig auf den Notenpulten liegen.

(tj/fm)

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