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Celle lag am 18. Mai 2025 mitten in Südamerika, zumindest für gut zwei Stunden. Denn was das Modern Sound[s] Orchestra (MSO) an diesem Sonntagnachmittag in der Alten Exerzierhalle auf die Bühne brachte, war ein überzeugend klangvoller Querschnitt durch Tango, Samba und Paso Doble.

Der Grund, warum sich die 60 Musiker:innen aus Seelze auf die pulsierenden Rhythmen eingelassen hatten, stand – besser: tanzte – vor ihnen. Der Gastdirigent Miguel Etchegoncelay zelebrierte die Musik – mit weit ausholenden Gesten, leuchtenden Augen und einem ansteckenden Lächeln, das das Orchester mitriss. Diese Spielfreude übertrug sich dermaßen auf das Publikum, dass es den Argentinier mit stehenden Ovationen erst nach zwei Zugaben von der Bühne ließ.

 

 

Vom ersten Ton an war die Leidenschaft zu spüren, die das MSO in nur zwei gemeinsamen Probenwochenenden mit Etchegoncelay für die Werke entwickelt hatte. Aber auch der eigentliche Dirigent Henning Klingemann, der seine Musiker:innen in den regulären Proben vorbereitet hatte, blieb nicht unbeteiligt – er wirkte in „seinem“ Orchester am Saxofon mit.

So führte die Reise mit einer Suite aus Georges Bizets Oper „Carmen“ zunächst nach Spanien. Die bekannten Ohrwürmer entfalteten sowohl im energiegeladenen Tutti „Marsch der Toreadoren“ als auch in gefühlvoll vorgetragenen Soli, etwa in der „Habanera“, ihre volle Wirkung. 

Mit Anmerkungen der orchesterinternen Moderator:innen Melanie Vockeroth und Julian Aubke, die die einzelnen Etappen der musikalischen Reise anschaulich erläuterten, wunderten sich die Zuhörenden anschließend auch nicht darüber, wie es eine barocke Fuge in ein solches Programm geschafft hatte. Denn Astor Piazzolla wagte in „Fuga y Misterio“ die (scheinbar) widersprüchliche Verknüpfung von Fuge, Tango und Oper – mit dem Ergebnis, dass sich eine barock anmutende Kantilene in den argentinischen Nationaltanz verwandelte. Im sehnsuchtsvollen Zwischenteil nahm sich Etchegoncelay zwar gestisch zurück, forderte jedoch mimisch nicht weniger als die volle Emotionsbreite vom MSO ein.

Mit Bildern und Anekdoten schaffte er es in der Vorbereitung, die jeweils passende Stimmung bei seinem Gastorchester zu erzeugen. Denn erst bei der Vorstellung von flirrender Hitze bei 50 Grad im Schatten entstand das passende Gefühl für den Beginn des „Danzón No. 2“ von Arturo Márquez. Aus einer ruhigen Melodie eines Klarinetten-Oboen-Duetts entwickelte sich nach und nach ein fulminant-pulsierendes Klangerlebnis. Und dass in Brasilien verständlicherweise mehr Musikstile als nur die Samba beheimatet sind, zeigten die Miniaturen von Hudson Nogueira, der die regionalen volksmusikalischen Stile zu einem abwechslungsreichen Konzertstück adaptierte.

 

 

Was am Ende bleibt, ist der Eindruck eines musikalischen Nachmittags, der mehr war als nur ein Konzert: eine leidenschaftliche Hommage an den Klangreichtum Südamerikas, getragen von einem hochmotivierten Orchester, einem charismatischen Dirigenten und einem spürbar bewegten Publikum. Als die letzten Töne verklangen, war klar: Mit Miguel Etchegoncelay stand ein wahrer Glücksfall auf dem Dirigentenpodest, der mit Herzenswärme auch jenseits der Musik inspirierend für alle war – auf der Bühne und im Publikum.

(ja)

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